Schon knapp ein Monat ohne Beitrag? Ups. Zeit, das schnell zu ändern.
Neujahrszeit heißt Reisezeit – wann sonst hat man schon neun Tage am Stück frei, ohne auch nur einen einzigen Urlaubstag nehmen zu müssen (gut, normal ist das nicht, aber die Firma „sammelt“ Feiertage gerne auf, um sie später am Stück freizugeben…). Hat beides Vor- und Nachteile. Der Vorteil ist, dass man so einen Miniurlaub hat, während andere arbeiten müssen, der Nachteil ist, dass man dafür selbst an Tagen arbeitet, an denen die meisten anderen frei haben.
Bei neun freien Tagen zu Neujahr will ich mich aber gar nicht groß beschweren, schließlich bietet sich so etwas ja bestens für eine Reise an!
Mit insgesamt fünf anderen Praktikanten aus aller Welt planten wir einen Trip nach Tôhoku in Nordjapan. Ich war besonders angetan von der Idee, da Tôhoku zu einem der Flecken des Landes gehört, den ich zuvor noch nie besucht hatte, und weil ich Schnee sowieso liebe und es in Nordjapan so gut wie garantiert jeden Winter Schnee gibt. Während ich Weihnachten also mit Grippe (diesmal die echte) daheim verbrachte und die letzte volle Woche durcharbeitete, war ab Samstag, dem 28., Urlaub angesagt. Wir wollten wieder das tolle seishun 18 kippu nutzen, das ich bisher fast immer auf meinen Reisen genutzt hatte, da es preistechnisch einfach unschlagbar ist. Für knapp 2.500 Yen kann man damit einen Tag lang herumfahren, wie man lustig ist, solange man keine Expresszüge verwendet. Dadurch dauert so eine Fahrt halt lange, aber kann – vor allem mit Freunden – auch mächtig Spaß machen. Und wie sonst komme ich für 20 Euro von Tokyo nach Sendai? 😀
Sendai war unsere erste Station auf der Reise und wir würden dort zwei Nächte verbringen. Bekannt ist Sendai vor allem als eine der größten Städte in Nordjapan, das allgemein weniger dicht besiedelt ist als beispielsweise der Osten und Westen des Landes. Da die Fahrt mit normalen Zügen bedeutete, dass wir fünf Mal umsteigen mussten und auch knapp sieben Stunden unterwegs sein würden, fuhren wir schon in aller Frühe los. Ich war unglaublich müde, aber man will ja auch noch etwas vom Tag haben. Wir kamen gegen Mittag in Sendai an und gingen zuerst einmal ins Hostel, das echt cool war. Zwar waren wir auf zwei Zimmer aufgeteilt, aber es gab auch einen großen Gemeinschaftsraum sowie eine Küche, die man nutzen konnte, und da war auch jeden Abend etwas los. Außerdem besaßen die Besitzer eine schwarze Katze.
Gleich nach dem Einchecken gingen wir wieder hinaus und machten uns auf den Weg in eine nahe gelegene Einkaufsstraße, die schön geschmückt war, bestaunten die Lichter und suchten ein Restaurant auf, da wir alle recht hungrig waren. Leider waren viele Läden aufgrund der bevorstehenden Feiertage geschlossen, aber hier und da war noch etwas offen. Danach gingen wir wieder hinaus auf die Straße und ein wenig weiter. Es war echt schön, die vielen Lichter zu bestaunen.
Da es in Sendai kälter war als in Tokyo und es im Laufe der Reise noch kälter werden würde, gingen wir auch schnell in einen Kleiderladen, da einige Leute sich wärmere Sachen kaufen wollten. Ich hatte vorgesorgt und brauchte daher nichts, kaufte mir aber sicherheitshalber ein paar neue Socken. Danach aßen wir noch eine Kleinigkeit und gingen zurück ins Hostel, da wir alle ziemlich müde waren. Wir kauften ein paar Knabbereien im Supermarkt und wollten nur noch etwas gemütlich im Gemeinschaftsraum chillen und dann schlafen gehen, blieben aber doch noch bis zwei Uhr auf, da das Hostel einen Kotatsu (diese tollen Tische mit integrierter Heizdecke) besaß (so warm!) und wir außerdem auf die Idee kamen, „Wer bin ich?“ zu spielen und das sich bekanntermaßen ja lange ziehen kann. War auf jeden Fall extrem witzig!
Am nächsten Tag war ein Tagesausflug nach Matsushima angesagt. Etwa eine Stunde Zugfahrt entfernt liegt dieses kleine Städtchen mit seiner Insel, die über eine Brücke erreichbar ist. Direkt am Meer also! Wir kamen früh an (sooo müde) und sahen uns erst in einem Mini-Museum die Spezialitäten hier an: zunda! Im Grunde sind das gestampfte Edamame (grüne Sojabohnen, die es in jeder japanischen Kneipe gibt). Von der Konsistenz her ähnelt es einer Paste (wobei es das in allerlei Variationen gibt: als Mochi, im Kuchen, Eiscreme oder sogar als Getränk) und geschmacklich würde ich es irgendwo zwischen roter Bohnenbaste und Matcha einordnen. Mir hat es jedenfalls sehr gut geschmeckt und ich nahm mir einen Zunda-Shake mit.
Wir besuchten einen großen Tempel mit großer Gartenanlage, ehe es Essenszeit wurde und wir in ein kleines, aber extrem feines Lädchen gingen, das Fischspezialitäten anbot. Für mich Fischbanausen gab es zum Glück auch weniger fischige Gerichte und ich muss sagen, es war sooo gut und soo viel! Ich hatte gebratenes Schweinefleisch mit Ingwer-Zitronen-Soße, dazu Salat, Misosuppe, Reis, Fischkuchen (den ich weggab)… und dazu kostenlos Tee. Das alles kostete gerade einmal 1.000 Yen. Der Laden wurde von einem älteren Pärchen geführt und hatte was von Hausmannskost, was ja sowieso immer das Beste ist. Wir genossen es, auf dem Tatami zu sitzen und zu futtern, ehe wir wieder hinaus in die Kälte gingen und über die Brücke auf die nahe gelegene Insel wanderten. Außer Natur und toller Aussicht gab es dort nicht viel, aber das reicht in der Regel ja vollkommen aus.
Wir spazierten auf der Insel, bis es dunkel wurde (man will sich ja im Gestrüpp nicht verlaufen), sahen uns den Sonnenuntergang am Meer an und gingen dann zurück. In einem Souvenierladen wärmten wir uns auf und tranken etwas Kaffee, ehe wir zurück nach Sendai fuhren und den Tag wieder mit mehreren Runden „Wer bin ich?“ ausklingen ließen. Diesmal spielten sogar zwei weitere Gäste mit – offenbar sahen sie, wie viel Spaß wir Deppen mit Kreppband auf der Stirn hatten 😛
Am folgenden Morgen checkten wir aus und machten uns auf zu unserem nächsten Ziel: Yamagata, der Hauptstadt der benachbarten Präfektur. Im Grunde reisten wir also nach Westen ins Landesinnere (soweit man bei dieser schmalen Insel davon sprechen kann), wo es allgemein auch kälter ist. Von Yamagata machten wir uns auf den Weg nach Ginzan Onsen, eine kleine Stadt, die nur per Bus erreichbar ist. Blöderweise fahren nur fünf Busse pro Tag und es warteten so viele Leute an der Haltestelle, das wir das aufgaben und stattdessen ein Taxi nahmen. Aufgeteilt war es auch nicht viel teurer als der Bus, aber deutlich bequemer, und außerdem war der Fahrer auch für einen Plausch und Informationen über die Gegend zu haben. Offenbar hatten wir Glück mit dem Wetter, denn für den folgenden Tag war ein Schneesturm angesagt und dann würde keiner mehr den Berg hochzuckern.
So aber kamen wir nach etwa einer halben Stunde Fahrt in Ginzan Onsen an. Es war einfach traumhaft schön dort. Wie der Name verrät, sind die meisten Leute wegen der Onsen da, aber auch davon abgesehen ist die Natur drumherum echt schön anzuschauen. Die Onsen waren hoffnungslos überfüllt, aber selbst draußen konnte man vereinzelt warme Wasserstellen finden. In einem kleinen Laden aßen wir die lokale Spezialität, Soba mit Pilzen und Ente, bauten Schnee-Varianten von uns selbst (die sogar andere Leute fotografierten) und machten eine Schneeballschlacht, fast wie kleine Kinder, haha.
War auf jeden Fall auch ein richtig schöner Tag und Ginzan Onsen war eines meiner Highlights der gesamten Reise. Doch wir würden noch andere richtig spannende Orte besuchen, auf die ich aber im nächsten Eintrag eingehen werde 😉