Der letzte Beitrag ist schon ein Weilchen her, Zeit also für ein Update! Die letzten Tage war ich etwas arg beschäftigt mit Willkommenspartys, Halloween Partys, anderen Partys, Taifunen, die doch nicht kamen, Sightseeing, Uni, Vorträgen und schlussendlich meinem ersten Japanisch-Test, argh. Immerhin lief alles soweit gut und morgen ist auch noch ein Feiertag, sodass ich ausschlafen kann und den Abend für einen neuen Blogeintrag nutze 🙂

Vergangenes Wochenende war ich in Nagahama, einer Stadt in der Präfektur Shiga, also auf der anderen Seite des Biwa-ko, Japans größtem Binnensee. Man könnte sagen, Kyoto liegt im Südwesten des Sees, Nagahama dafür im Nordosten. Entsprechend dauerte die Zugfahrt in eine Richtung auch rund zwei Stunden, aber es hat sich gelohnt. Eingeladen wurde ich nämlich von einem Club an der Uni Kyoto, welcher sich zum Ziel gesetzt hat, Tourismus in der Stadt Nagahama zu fördern. Dafür wurden dann etwa 15 Austauschstudenten eingeladen, kostenfrei an der Tour teilzunehmen und im Nachhinein einen Fragebogen auszufüllen. Es standen drei Termine zur Auswahl und ich hatte mich für Sonntag entschieden, da mich das Programm dort am meisten ansprach.
Treffpunkt war 8 Uhr morgens am Hauptbahnhof Kyoto, was für mich aufgrund der Entfernung nicht so leicht war, aber immerhin konnte ich dann auf der Zugfahrt etwas Schlaf nachholen. Dachte ich jedenfalls, stattdessen jedoch unterhielt ich mich lieber mit den anderen Austauschstudenten, die mitkamen, und stelle fest, dass die Hälfte der Gruppe aus Deutschen bestand (aus Rücksicht auf die anderen sprachen wir aber dennoch Englisch oder Japanisch^^).
In Nagahama angekommen, standen zwei Punkte auf dem Programm: Einmal das Herstellen von Soba (Nudeln) und das Bemalen von Kreiseln. Zunächst ging es also mit einem Shuttle-Bus, der bereits auf uns wartete, in ein nahegelegenes Kulturcenter, in dem ein paar ältere Herren, Soba-Meister, uns zeigten, wie man Soba herstellt. Dafür wurden wir in Dreiergruppen eingeteilt, sodass jede Gruppe ihren eigenen Lehrer hatte. Da sie kaum Englisch sprachen, standen uns Studenten der Kyôdai (= Kyôto daigaku = Uni Kyoto) zur Seite, welche dolmetschten. Glücklicherweise bestand meine Gruppe aus Leuten, die Japanisch sprachen, sodass wir uns auch direkt mit dem Herren unterhalten konnten und dabei so Einiges über die Herstellung der Nudeln erfuhren. Beispielsweise schien es – wie könnte es anders sein – eine Art festes Ritual zu geben, in dem man das Mehl mit dem Wasser mischte, dann knetete, aufrollte, zurechtformte, faltete, schnitt, das Mehl ausschüttete und was nicht alles. Zumindest sah es ziemlich kompliziert aus.
Nach der Demonstration durften wir uns auch selbst daran versuchen, und so mischten wir unter Anweisung des Lehrers das Mehl mit dem Wasser, kneteten, rollten, formten, falteten und schnitten den Teig in Nudelform. Das Ganze erinnerte mich schon leicht an Sapporo damals, als meine Gastfamilie mir zeigte, wie man Soba macht. Am Ende wurden die Nudeln gekocht und jeder konnte seine eigenen Nudeln zu Mittag essen – und es hat sehr gut geschmeckt! Wir plauschten noch ein wenig mit den Mitarbeitern, ehe es weiterging zu Programmpunkt Nummer zwei.

Dieser fand in einer kleinen privaten Werkstatt statt, welche bekannt ist für ihre Kreisel (ja, die Kinderspielzeuge). Der Herr dort stellte sie selbst per Hand her, sodass jeder einzelne Kreisel ein Unikat ist. Außer den Kreiseln baut er noch andere Dinge aus Holz wie z.B. Tabletts, Teller, Teedosen, Schüssel, Türknaufe…alles Mögliche also. Wir konnten ihm auch live zusehen, wie er einen Kreisel formte, und danach durfte jeder von uns sich einen Kreisel aussuchen und diesen nach Lust und Laune bunt anmalen. Dafür wurden die Kreisel in so…Maschinen gesteckt, die sich drehten, und dann hielt man die Farbe dran, damit es einigermaßen einheitlich aussieht 🙂
Nach dem Bemalen gab es Tee und Kekse und wir hörten uns Erklärungen über verschiedene Holzsorten (welche die dolmetschenden Studenten vor Probleme stellten) an und ich wurde gefragt, wie es denn in Deutschland mit so Holzarbeiten aussähe. Offenbar ist Deutschland berühmt dafür? Ich weiß nicht genau.
Auf jeden Fall hat es sehr viel Spaß gemacht und war auch sehr interessant, sich anzuschauen. Am Ende durfte auch jeder seinen eigenen Kreisel mitnehmen, sodass ich nun ein schönes Andenken an diesen Tag habe 🙂
Wir bedankten uns bei dem Herren und seiner Familie und dann ging es schon wieder zurück Richtung Bahnhof, mit Zwischenstop in einem Souvenirshop und einem kleinen Bahnmuseum inklusive ältestem Bahnhof Japans. Eigentlich hatten wir die Wahl zwischen Bahnmuseum und einem Park, der echt schön aussah, aber da es in Strömen regnete, entschieden wir uns alle für das Museum. Auch das war sehr spannend, und danach machten wir uns endgültig auf den Rückweg nach Kyoto. Diesmal schlief ich im Zug auch tatsächlich ein. In Kyoto ging ich dann noch mit ein paar der anderen Teilnehmer zu Abend essen, ehe sich jeder auf den Heimweg machte. Ich muss sagen, dass es echt nett war, auf diese Tour eingeladen zu werden, und ich viel gelernt habe. Ich glaube, ohne die Info wäre ich niemals auf die Idee gekommen, nach Nagahama zu fahren, da man ja so gar nichts über diesen Ort hört. Auf jeden Fall habe ich das Gefühl, ein wenig mehr über japanische Kultur gelernt zu haben.

Da ich mittwochs keine Uni habe, haben Elena und ich diesen Tag als Sightseeing-Tag auserkoren. So waren wir auch diese Woche wieder in Kyoto unterwegs – diesmal zu dritt, weil Michiko auch Zeit hatte – und haben uns den Tôfuku-ji, eine recht große Tempelanlage im Süden Kyotos, angeschaut. Wir hatten auch mächtig Glück mit dem Wetter, der Himmel war klar und kein Wölkchen weit und breit zu sehen!
Da in Japan alles schon so unglaublich früh schließt, machten wir uns gegen 17 Uhr wieder auf den Rückweg nach Kyoto, da wir noch einen Film bei Elena schauen wollten. Leider weiß ich nicht, wie er hieß, da der Titel auf Französisch war, aber netterweise gab es auch eine englische Tonspur, sodass ich dem Inhalt folgen konnte. Dann aßen wir noch lecker Ramen (japanische Nudelsuppe) zu Abend, ehe ich mich auf den Rückweg ins Wohnheim machte.

Übrigens ist hier mittlerweile auch der Herbst angebrochen, auch wenn ich mit den Temperaturschwankungen noch so meine Probleme habe. Nachts ist es nämlich ziemlich kalt – fünf bis sieben Grad, was auch der Grund dafür ist, dass ich jetzt auch meine Winterdecke ausgepackt habe. Mittags jedoch klettert das Thermometer auf warme 20 Grad, was ein wenig nervig ist, da ich so morgens nie weiß, ob ich nun die Jacke mitnehmen soll oder nicht.
Ansonsten war ich heute noch kurz mit Daisuke, meinem Sprachtandempartner (der ganze vier Jahre in Bonn studiert hat!), auf einem Bücherflohmarkt, wo ich mir ein Buch mit japanischen Märchen gekauft habe. Offenbar findet dreimal jährlich ein großer Bücherflohmarkt auf einem Tempelgelände hier statt, auf jeden Fall war der echt groß und ich musste mich echt zusammenreißen, nicht zu viele Bücher zu kaufen 😉