Der 32-Stunden-Geburtstag

Immer ich mit meinen kryptischen Titeln, ich weiß 😉

Vergangene Woche Samstag war ein ziemlich besonderer Tag: Der 11.11. gilt in Japan als Pocky-Tag. Zwar wird diese Süßigkeit auch in Europa vertrieben, heißt dort aber aus unerklärlichen Gründen Mikado. Im Uni-Shop gab es dann gleich auch noch einen Stand mit Pocky und wer zwei oder mehr Packungen kaufte, bekam ein riesiges aufgeblasenes Pocky. Ich hatte zwar keins, habe mich aber über die Studenten auf dem Campus amüsiert, die damit Schwertkämpfe austrugen.

Viel Essen, viel gut: Nur einer der Buffet-Tische.

Ansonsten war der 11. aber (Achtung Ironie) nicht allzu interessant, weshalb ich lieber einen Tag zurückspule und etwas zum 10. sage: Dort fand nämlich endlich (!) die Willkommensfeier in unserem Wohnheim statt. Da ich am Nachmittag noch mit einem Kommilitonen Gyôza essen war, kamen wir zwar etwas später, aber glücklicherweise gab es mehr als genug Essen für alle – das hat mich ganz ehrlich überrascht, denn auf der Willkommensfeier an der Uni war es insgesamt viel viel weniger gewesen, sodass es bereits nach knapp 20 Minuten schon nichts mehr gab. Weil im Ohbaku-Wohnheim aber die Elite wohnt (ja genau, so ist es), wurde für uns anscheinend extra Catering organisiert und es gab nicht nur Sushi (roher Fisch mit Reis) und Sashimi (roher Fisch ohne Reis), sondern auch Sandwiches, Pizza (die sogar nach Pizza schmeckte), Kuchen und allerlei vegetarische Gerichte sowie Gerichte mit Halal. Ich fühlte mich ein wenig wie ein Kulturbanause, weil ich das japanische Essen nicht anrührte, aber hey, wie oft kommt man schon dazu, in Japan RICHTIGE Pizza zu essen…? Abgesehen davon, dass ich Fisch nicht mag.

Ein paar Mädchen aus China sangen ein Lied einer chinesischen Boyband.

Es waren nicht nur Leute aus meinem Wohnheim da, sondern auch aus dem anderen International House in Uji, das sich auf dem Uji-Campus der Uni befindet und etwa 20 Minuten zu Fuß entfernt ist. Allzu voll war es aber dennoch nicht, woran das lag, weiß ich nicht, vielleicht stimmt aber wirklich, dass die Hälfte der Zimmer hier von Geistern bewohnt wird (oder die Leute hocken wirklich lieber nur in ihren Zimmern). Dennoch konnte ich mich mit einigen bekannten und auch unbekannten Leuten unterhalten, die allesamt aus den unterschiedlichsten Ländern kamen. Es gab auch einige kleinere Vorführungen wie Gesang und einen älteren Herren aus Amerika, der Ukulele spielte.

Die Feier war wirklich schön, wenn auch kurz: Um Punkt 20 Uhr verkündete die Leitung, die Party sei vorbei – ja, so habe ich auch geguckt. Ohbaku at its best. Immerhin durften wir uns von dem übrig gebliebenen Essen nehmen, so viel wir wollten, sodass ich mir gleich noch ein wenig mehr Pizza und Sandwiches schnappte und in mein Zimmer brachte. Dann drückte mir ein Mitarbeiter noch eine Flasche japanischen Sake in die Hand, die jedoch nach kurzem Abstellen schon wieder verschwand. Dann eben nicht.

Tja, und so geschah es, dass gegen halb 9 oder 9 Uhr kaum noch jemand im Gemeinschaftsraum übrig blieb – bis auf den üblichen chaotischen Haufen. Da zuvor auch jemand eine Karaoke-Maschine aufgebaut hatte, machten wir danach unserer eigenes Ohbaku-VIP-Karaoke und unsere eigene Feier, haha. Es war richtig schön, woran ich mal wieder merkte, dass man keine 200 Leute braucht, um eine tolle Party zu schmeißen, sondern 10 Leute völlig ausreichen, solange es die richtigen Leute sind (abgesehen davon, dass ich mich in kleineren Gruppen ohnehin wohler fühle). Ich sang zwar nicht mit, hatte aber dennoch viel Spaß.

Und was mich besonders freute: Um Punkt Mitternacht stimmten alle gemeinsam Happy Birthday für mich an und gratulierten mir. Ich war völlig überrascht, da ich nicht damit gedacht hatte, dass jemand an meinen Geburtstag denkt. Danach hielt jeder noch eine kurze Rede (ich glaube, der Alkohol spielte eine nicht geringe Rolle) und ich musste auch ein paar Worte verlieren. Ich dankte allen für diesen tollen Abend und musste im Anschluss dann auch noch ein Lied zum Besten geben. Die Stimmung war super und wir blieben noch lange unten.

Streng genommen war das zwar noch nicht mein Geburtstag, da in Deutschland ja noch der 10. war, aber andererseits ist das auch egal. Stattdessen wurde mir geraten, ich könne ja einfach Geburtstag haben, bis der 11. in Deutschland vorbei ist – also 8 Stunden länger! Wodurch auch dieser Titel hier zustande kommt 😉

Gegen 4 Uhr wurden wir dann doch müde, räumten noch ein wenig auf und machten uns wieder auf in unsere Zimmer. Viel Schlaf bekam ich allerdings nicht ab: Am nächsten Tag wollte ich mich mit ein paar Leuten in Kyoto treffen. Was genau geplant war, wusste ich gar nicht so recht; Michiko hatte mir aufgetragen, um 13 Uhr auf dem Campus zu erscheinen, wollte aber nicht mehr verraten.

Das Café im Waldstück auf dem Hügel: Ich fand es wirklich schön!

Wie sich später aber herausstellte, hatten sie geplant, den ganzen Tag zu essen, d.h. mich von einem guten Café zum nächsten zu schleppen, um allerhand japanische Köstlichkeiten zu probieren. Den Anfang machte ein Café auf einem Hügel hinter der Uni, das in einer Art kleinem Wald lag und eine einfach atemberaubende Atmosphäre hatte. Aber auch die taiwanischen Teigtaschen später waren super (und erinnerten mich daran, wie ich sie vergangenes Jahr in Taiwan gegessen hatte), und ebenso die vielen Süßigkeiten zwischendurch sowie das Abendessen (tonkatsu, eine Art Schnitzel, serviert als Menü mit Miso-Suppe, Reis und Salat) schmeckten super. Ach, es war einfach alles gut. Den Abschluss bildete eine japanische Kneipe, in der wir uns noch ein Weilchen unterhielten. Gut, dass wir zwischendurch so viel zu Fuß liefen, denn sonst hätte ich mich rollend nach Hause bewegen müssen.

Unterwegs kamen wir noch an einer französichen Bäckerei vorbei, die witzigerweise „Le Stollen“ verkaufte.

Gegen Mitternacht teilten wir uns wieder auf, doch für mich war der „Tag“ noch nicht vorbei: Unser Club Ohbaku wollte die Nacht im Karaoke verbringen, sodass wir uns am Bahnhof trafen und erst einmal merkwürdige Blicke austauschten, da es das erste Mal war, dass wir uns alle in Kyoto sahen (was dann auch zu lustigen Situation führte wie etwa: Ohbaku macht einen Ausflug in die Stadt! Wow! Überall Lichter und Häuser!), hehe.

Wir gingen gemeinsam ins Karaoke, wo wir die nächsten Stunden verbrachten (und mir wieder ein Happy Birthday gesungen wurde), ehe wir uns gegen 5 Uhr morgens wieder auf den Heimweg machten, da dann wieder Züge fuhren. Entsprechend waren wir auch erst wieder daheim, als es hell war (~6:30 Uhr) und extrem müde, aber es war ein sehr schöner Abend und hat definitiv viel Spaß gemacht. Dadurch, dass ich die ganze Nacht auswärts verbracht hatte, schlief ich den halben Sonntag dann aber durch und unternahm auch sonst nicht viel. Dennoch hat es sich gelohnt und ich war sehr froh, an meinem Geburtstag so viel mit netten Leuten unternehmen zu können!

Da einige meiner Freunde an dem Tag allerdings keine Zeit gehabt hatten, trafen wir uns gestern noch einmal in Kyoto und gingen gemeinsam Yakiniku essen, was wieder sehr lecker war (irgendwie klingt das, als würde ich den Großteil der Zeit hier mit Essen verbringen…aber…so ist es nicht…wirklich!). Dazu später mehr!

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