6,1

Tut mir leid, egentlich wollte ich in diesem Beitrag auf einen Ausflug nach Hikone in der Präfektur Shiga am Biwa-See erzählen sowie vom Ausflug nach Kobe, aber ich denke, das lasse ich für demnächst, da mir gerade nur durch den Kopf geht, wie ironisch das Leben sein kann.

Schrieb ich in meinem letzten Beitrag vor gerade einmal zehn Tagen noch, dass ich im Mai mein erstes Erdbeben für dieses Jahr erlebt habe, so wird das natürlich nur kurze Zeit darauf getoppt.

Der ein oder andere mag es auch in den Nachrichten gelesen haben, denn soweit ich weiß, wurde auch in Europa darüber berichtet: Diesen Montag um kurz vor 8 Uhr morgens bebte die Erde in Kansai, genauer gesagt in Osaka und den anliegenden Präfekturen wie Kyoto und Hyogo, in der auch Kobe liegt. Mit einer Stärke von 6,1 (bzw. 5,9 auf der japanischen Skala, die bei ihrer Messung weitere Faktoren berücksichtigt) war es auch ein ziemlich heftiges Beben, das teilweise Gebäude einstürzen und Möbel umkippen ließ, den Bahnverkehr lahmlegte und viele Menschen ohne Strom und Gas ließ.

Insgesamt forderte das Beben auch fünf Menschenleben, die von umfallenden Möbelstücken oder einstürzenden Gebäudewänden getroffen wurden. Mehrere Hundert wurden verletzt.

Ich befand mich zu dem Zeitpunkt mit drei weiteren Kommilitonen in Kobe neben Osaka, wo wir das verlängerte Wochenende verbracht hatten; da Montag Universitätsgründungstag war, hatten wir frei und planten, gegen Mittag nach Kyoto zurückzukommen. Da allerdings keine Züge fuhren – aufgrund möglicher heftiger Nachbeben – wurde daraus nichts und wir mussten mehrere Stunden ausharren, ehe am späten Nachmittag einige langsame Bahnen wieder den Betrieb aufnahmen.

Im Vergleich zu vielen Menschen, die aber verletzt wurden oder ihr Haus verlassen mussten (gestern setzte Starkregen ein, wodurch einige beschädigte Häuser endgültig unbewohnbar wurden), ist ein verlängerter Heimweg, denke ich, nicht der Rede wert.

Es ist ironisch, denn bisher habe ich mich in Japan so sicher gefühlt. Abends rausgehen? Kein Problem. Alleine unterwegs sein? Macht nichts.

Aber gegen die Natur kann man wohl nichts tun. Dies war zwar bei Weitem nicht mein erstes Erdbeben, aber mit Abstand das stärkste und das erste, das Menschenleben forderte. Und ich gebe zu, dass ich ziemlich Angst bekommen habe, als ich gegen 8 Uhr morgens aufwachte und die Erde unter mir bebte. Und auch in den folgenden Tagen noch Nachbeben den Grund erschütterten, manche kaum spürbar, manche weniger schwach. Die Uni sagte, wir sollen jetzt noch einige Tage vorsichtig sein und nicht neben unbefestigen Möbelstücken schlafen (gut, dass ich ohnehin keine hohen Möbel habe) und einen kleinen Vorrat an Wasser anlegen – aber ich bin froh, dass es diese vergangene Nacht „nur“ noch ein fühlbares Nachbeben gab, im Gegensatz  zu den dreien in der Nacht davor.

Und während ein Erdbeben mit der Stärke 6,1 (bzw. etwas schwächer in Kobe dann) schon verflixt unheimlich ist, kann ich nur erahnen, was Menschen 1923 in Yokohama (Magnitude 7,9), 1995 in Kobe (Magnitude 7,2) oder zuletzt 2011 in Tokyo (9,1 im Meer) erlebt haben – und weiß, dass ich das auf keinen Fall selbst erfahren möchte.

Aber ich möchte sagen – dass Erdbeben war unheimlich, aber mir geht es gut. Mir ist nichts passiert, ich war zum Zeitpunkt des Erdbebens nicht alleine und habe auch viele Leute, an die ich mich wenden kann, wenn was sein sollte und die sofort fragten, ob es mir gut geht (danke dafür an alle!). Ich weiß auch in etwa, wie ich mich bei einem Beben verhalten muss und ich denke, das Schlimmste dürfte nun überstanden sein.

Glücklicherweise kann man sich auf der Seite des Japanischen Agentur für Meteorologie so gut wie direkt über Erdbeben und mögliche Tsunami-Gefahr informieren – und selbst wenn nicht: Es gibt ein Warnsystem in Japan, das automatisch Warnungen an Handys verschickt und während das bei meinem alten Handy aus irgendeinem Grund nicht ging, funktioniert es beim neuen fabelhaft und es tönt und zeigt mir an, dass etwas nicht stimmt – nur, dass ich bei einem Erdbeben in der Regel selbst merke, dass etwas los ist.

Übrigens sah die Erdbebenkarte zum Zeitpunkt des Bebens in Osaka so aus:

Osaka ist rot und die umliegenden Präfekturen gelb oder orange. Der orange eingefärbte Bereich ist Südkyoto – meine Wohnung liegt eher nördlich, weshalb dort nur ein paar Gegenstände auf meinem Tisch und in der Küche umgefallen sind, sonst aber nichts passiert ist.

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