Kurz nach meiner Rückkehr, am 31. März, beschlossen einige Freunde aus Obaku und ich, uns die Kirschblüten anzuschauen. Irgendwie war während meines Urlaubs plötzlich Frühling geworden – vielleicht kam es mir aber auch nur so vor, weil ich gerade aus Sapporo kam. Wir wollten nach Yoshino im Süden der Nachbarpräfektur Nara fahren, da dieser Ort einer der beliebtesten und berühmtesten Plätze für Kirschblüten in Japan ist. Irgendein wichtiger Mensch der Geschichte soll dort höchstpersönlich entlanggeschlendert sein und die Blüten bewundert haben. Wie praktisch, dass uns nur knapp drei Stunden Bahnfahrt von Yoshino trennen!

Um möglichst viel vom Tag zu haben, trafen wir uns daher schon um 7 Uhr morgens (und das an einem Samstag in den Ferien…) am Hauptbahnhof Kyoto und fuhren mit einem Umstieg nach Yoshino rüber. Da wir alle völlig übermüdet waren, verbrachten wir einen guten Teil der Fahrt mit Schlafen.
In Yoshino angekommen, kauften wir uns jeder ein Bentô für das Mittagessen und machten uns dann an den Aufstieg – ja, genau, es ging in die Berge! Gut drei Stunden wanderten wir die Pfade hoch, umringt von Kirschblüten (und ein paar kahlen Bäumen, da wir etwas zu früh für die volle Blüte waren), aber dennoch war es einfach wunderschön anzusehen. Zwar war es sehr anstrengend, aber wir machten genug Pausen inklusive Picknick zum Mittagessen, und es lohnte sich einfach, weil es so schön war. Wieso gibt es in Deutschland nicht so schöne Bäume?
Oben angekommen, wurden natürlich unendlich viele Fotos geschossen, dann ruhten wir uns eine Weile aus und spielten Uno. Dazu muss man wissen, dass diese Tradition bereits anfing, als ich noch im Wohnheim von Obaku wohnte und wir dort mehrere Abende lang Uno spielten, denn Uno ist für Obaku-Leute mehr als nur ein Kartenspiel – es ist Krieg! Da können aus „ein paar Runden“ schnell mal mehrere Stunden werden und wenn einer dann 22 Karten ziehen muss, dann… büßt spätestens in der nächsten Runde jemand dafür.

Kurz bevor es dämmerte, machten wir uns dann auf den Rückweg, damit wir nicht bei Dunkelheit herabsteigen mussten. Der Rückweg dauerte dann auch „nur“ halb so lange wie der Hinweg, da wir erstens hinabgehen konnten und zweitens keine Pausen mehr einlegten. Völlig erschöpft ging es dann später mit der Bahn nach Hause, mit einem kurzen Zwischenstopp in einer Bar, um zu Abend zu essen und uns noch ein Weilchen zu unterhalten.

Nach Yoshino ging es auch nach Ôtsu an den Biwa-See gleich neben Kyoto, um Kirschblüten anzuschauen. Diesmal trafen wir uns nicht ganz so früh, da alle noch völlig kaputt vom Vortag waren. Ursprünglich hatten wir in einen Park am See gehen wollen, wurden jedoch unterwegs von einem Herrn in Anzug aufgefordert, doch mal beim Wrestling zuzuschauen. Ehm ja. Irgendwie hatte jemand einen Ring in der Nähe des Sees aufgebaut und dort drin kämpften dann ein Tengu (japanisches Fabelwesen) gegen Ramen-Man (oder so). Der Tengu symbolisierte dabei Kyoto (im Norden bei Kurama sind die Berge, in denen laut Mythen Tengu leben sollen), während Mr. Ramen für Ôtsu stand. Klar waren wir also alle für den Tengu, der dann leider gnadenlos gegen Ramen-san verlor. Interessant und verrückt war es dennoch. Eine ganze Weile saßen wir verdutzten Ausländer dort und beobachteten das Spektakel, das ziemlich einstudiert wirkte. Immerhin konnten wir am Ende noch ein Foto mit allen im Ring machen, uns mit den Veranstaltern unterhalten und ein paar Tricks aus nächster Nähe anschauen.
Nach dem Wrestling gingen wir dann weiter in Richtung Park, wo unser ursprüngliches Ziel lag. Hier machten wir zwischen den Kirschbäumen erneut Picknick (und eine Uno-Schlacht) und blieben mehrere Stunden, ehe es dunkel wurde und wir uns auf den Rückweg machten. Auch dieser Ausflug war sehr schön und ich bin froh, so viel von den Kirschblüten gesehen zu haben – auch außerhalb Kyotos, wobei ich sagen muss, dass es wirklich wunderschön ist, wenn die Bäume links und rechts des Kamo-Flusses blühen.
Nach diesem Ausflug hatte ich noch rund eine Woche frei, in der ich mich noch ein wenig mit Freunden traf und dies und das erledigte, ehe die Uni wieder anfing. Mittlerweile ist bereits die dritte Woche fast vorbei und ich habe einen ziemlich coolen Stundenplan, bei dem ich nur dienstags, mittwochs und donnerstags zu Uni muss, yay! Da ich keinen Sprachkurs mehr habe, fällt so Einiges weg, dafür verlangen mir die anderen Seminare ziemlich viel ab, da ich dieses Semester ausnahmslos japanische Kurse gewählt habe und da nun einmal ein wenig brauche, um die Texte zu lesen. Aber sicherlich ist das auch eine gute Übung.
Nächste Woche ist die Golden Week, das heißt, normalerweise liegen viele Feiertage hintereinander, sodass man eine gute Woche frei hat. Dummerweise ist die goldene Woche dieses Jahr zweigeteilt, da Dienstag und Mittwoch keine Feiertage sind – aber macht nichts, ich freue mich trotzdem über ein bisschen Ferienfeeling!